Blog Präsente Momente - Michaela Ehinger

4. GESTALTUNGSSPIELRÄUME ENTDECKEN

Sind wiederkehrende Vorgänge ein Geschenk im Leben?

Kann es sein, dass gerade wiederkehrende Handlungen es uns ermöglichen bewusst Gestaltende zu werden.

Ich komme vom Theater. Bühnenkünstler*innen sind Spezialist*innen im Herstellen von Präsenz, ganz egal ob im Orchestergraben, auf der Bühne oder auf dem Seil.

Das Herstellen von Präsenz ist dabei essentiell.

Ein Abend im Theater bedeutet für die Zuschauenden sich vom Geschehen auf der Bühne überraschen zu lassen. Dies gelingt nur wenn die Spielenden sich auf den Augenblick präsent einlassen. Ihn immer wieder neu entdecken, obwohl ja quasi Alles festgelegt ist. Dabei ist die Handlung vorbestimmt, der Text steht Wort für Wort, Satzzeichen für Satzzeichen fest, die Lichteinstellungen sind programmiert, die Kolleg*innen sind bekannt, die Situationen vielfach geprobt … Und doch zieht wohl kaum ein Schauspieler eine Vorstellung routinemäßig durch. Vermutlich werden sich alle bemühen das Bekannte immer wieder neu zu gestalten. Im präsenten Erleben entfaltet sich die magische Bühnenpräsenz.

Die Frage WIE wir etwas machen, WIE wir mit etwas umgehen ist dabei ausschlaggebend.

Gerade wiederkehrende Vorgänge erlauben es wach zu werden für das WIE. Das WAS ist ja bereits geklärt und kann uns daher sogar die nötige Sicherheit schenken Verhaltensmuster aufzubrechen. Diese brechen auf sobald wir unsere Aufmerksamkeit auf das – WIE wir etwas tun – lenken. Hier beginnen wir uns auf den Augenblick einzulassen und erleben im Tun den Gestaltungsspielraum. Ein Vorgang kann Beispielsweise leichter, schneller, sanfter, dynamischer… ausgeführt werden.

Das Erspüren und Ertasten lässt uns selbstbestimmt agieren im vorbestimmten Kontext.

Auf diese Weise genießen wir den Augenblick und gehen, im besten Fall voll und ganz darin auf. Wenn dies auf der Bühne allen Beteiligten gelingt wird es ein großartiges Erlebnis, sowohl für die Handelnden als auch die Zuschauenden.

Lasst uns spielen mit dem – WIE wir etwas tun – und neue Gestaltungsspielräume auf den Bühnen unseres Lebens entdecken.

Übung:

Betrachten Sie welche Vorgänge Sie derzeit als mehr oder minder lästige Routine hamstermäßig ausführen: Aufstehen? Einen bestimmten Weg gehen? Vorträge halten? Kartoffeln schälen? …

Versuchen Sie einen dieser Vorgänge bewusst zu erleben, in dem Sie die Art WIE Sie es machen verändern. Allein dem Vorgang im Tun Aufmerksamkeit zu schenken wird den Vorgang grundlegend verändern. Lassen Sie sich überraschen!

Weiterführende Gedanken und Praktiken finden Sie in meinem Buch Präsenz.